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Warum das Revisionsamt gegründet wurde und wie es weiterging.

Am 8. Dezember 2021 feiert das Revisionsamt der Stadt Frankfurt sein 125-jähriges Jubiläum. Seine Gründung erfolgte also im Jahr 1896. Damals herrschte noch Kaiser Wilhelm II. Doch Frankfurt, seine Stadtregierung, sein Stadtparlament und seine Stadtverwaltung waren schon immer etwas Besonderes. In der Stadt und unter ihren Bürgern herrschte ein freiheitlicher, ja demokratischer Geist, und das färbte auf die kommunale Politik und Selbstverwaltung ab.

Seit dem frühen Mittelalter war die verkehrsgünstig gelegene Stadt eine Handels- und Finanzmetropole von europäischer Bedeutung. Gesellschaftlich und politisch dominierte hier nicht, wie sonst in Deutschland üblich, der Adel oder die Kirche, sondern ein freies Bürgertum. Dementsprechend herrschte in der reichsunmittelbaren Stadt der Kaiserwahl und -krönungen so etwas wie eine demokratisch-egalitäre Grundstimmung vor, die sich immer wieder geltend machte. So gesehen ist es sicher auch kein Zufall, dass das erste nationale demokratische Parlament 1848 in Frankfurt in der Paulskirche zusammentrat. Das 19. Jahrhundert war dennoch nicht einfach für Frankfurt. Das Paulskirche-Parlament scheiterte, 1866 wurde die Freie Stadt von Preußen annektiert und schließlich dem Kaiserreich einverleibt.

Ungeachtet dessen funktionierte die kommunale Politik und Verwaltung in Frankfurt innerhalb des rechtlich vorgegebenen Rahmens vergleichsweise demokratisch. Was die Prüfung ihrer Finanzen anging, hatte die Stadt den Vorteil, über eine große Zahl an sachkundigen Bürgern zu verfügen, die sich mit Wirtschaft, Handel und Buchhaltung sehr gut auskannten. Ursprünglich war diese Aufgabe Sache der Stadtverordnetenversammlung, die dem Magistrat und der Verwaltung auch in finanziellen Belangen auf die Finger schaute. Im Jahr 1869 kam es dann zur Gründung eines ersten unabhängigen Gremiums, das mit Bürgern besetzt wurde, die von der Stadtverordnetenversammlung gewählt wurden und ohne Einflussnahme durch den Magistrat oder die Stadtverordnetenversammlung selbst agieren konnte: dem Stadt-Rechnungs-Revisions-Colleg (St.R.R.C.). Da die Stadt in den Jahren danach sprunghaft wuchs, die Wirtschaft prosperierte und die Ausgaben von Magistrat und Verwaltung entsprechend stiegen, kam diese Einrichtung bald an ihre Grenzen. Es wurde klar: Das St.R.R.C. war überfordert und musste einem professionellen Gremium mit amtlichen Prüfern weichen. Das war 1896 die Geburtsstunde des Revisionsamts, das noch heute existiert.

Damals wie heute operiert das Revisionsamt als städtischer Rechnungshof. Es folgt also keinen Weisungen, ist laut Gemeindeordnung vollständig unabhängig und entscheidet selbständig über den Gegenstand und die Methoden seiner Prüfungen. Gleichzeitig ist es als Amt, das dienstrechtlich dem Oberbürgermeister unterstellt ist, ein Bestandteil der Verwaltung von Frankfurt – und diese Nähe bietet bei gleichzeitiger prinzipieller Unabhängigkeit viele Vorteile. Allerdings kam es in den Jahren bis zum Zusammenbruch des Kaiserreichs zu einem eskalierenden Machtkampf zwischen Magistrat und Stadtverordnetenversammlung, in den auch das Revisionsamt hineingezogen wurde. Mit der Weimarer Republik sollte sich dann auch das Verständnis der Aufgaben des Revisionsamts verändern: Neben der Prüfung von Wirtschaftlichkeit kamen auch zunehmend Prüfungen zu Verfahrens- und Organisationsfragen hinzu. Im Jahr 1932 wurde schließlich durch die Preußische Gemeindefinanzordnung die Beteiligungsrechte der Stadtverordnetenversammlung stark eingeschränkt, doch schon ein Jahr später schafften die Nationalsozialisten die demokratische Selbstverwaltung der Stadt ab, und das Revisionsamt wurde mit Rüstungs- und Kriegsprüfungsaufgaben befasst.

Ab 1945 wurde die Stadtverordnetenversammlung wieder demokratisch gewählt, und das Revisionsamt konnte auf Grundlage der Hessischen Gemeindeordnung (HGO) seine Prüfarbeit mit dem Fokus auf die Finanzen der Stadt wieder aufnehmen. Ein bedeutender Einschnitt in der Arbeit des Amts erfolgte nach der Jahrtausendwende im Jahr 2006. Durch die Umstellung der Stadtkämmerei von der bisherigen kameralen Haushaltsführung zur doppelten Buchführung kam es zu einer Neubewertung des Vermögens der Stadt. Das Revisionsamt musst die Richtigkeit aller damit verbunden Güter und Informationen prüfen. Im Zuge dieses komplexen Prozesses, der neben den Ämtern auch die städtischen Unternehmen, Museen, Stiftungen und Fonds umfasste, konnte die Tätigkeit des Revisionsamtes weiter zentralisiert, systematisiert und mithilfe neuer EDV-Systeme modernisiert werden.

Aktuell steht Frankfurt wie andere Großstädte auch vor neuen, umfangreichen Herausforderungen. Die Stadt wächst und muss sich auf Ereignisse wie den Klimawandel, die Verkehrswende und die Erfordernisse einer nachhaltigen Stadtentwicklung einstellen. Mit den neuen Anforderungen an die Stadt verändern sich auch die kommunale Politik und die Verwaltung. Auch das Revisionsamt ist mit dieser neuen Situation konfrontiert und wird sich neu aufstellen müssen. Amtsleiter Hans Dieter Wieden sieht einen Mix aus klassischen Arbeitsschwerpunkten und einen Trend hin zur Übernahme neuer Prüfaufgaben: „Wir sind nach wie vor mit dem großen Jahresabschluss sowie mit Prüfungen des Geschäftsablaufs in Ämtern und stadtnahen Einrichtungen befasst. Unser Amt ist nach Themenbereichen organisiert, und hierzu zählen beispielsweise Bildung und Kultur, die Liegenschafts- und Gesundheitsverwaltung, Hochbau und Tiefbau sowie die Technischen Anlagen der Stadt. Allerdings zeigt sich auch, dass wir uns über die reine Rechnungsprüfung hinaus um die aktuellen und anstehenden Reformprojekte der Stadt kümmern müssen. Überall dort, wo ein Ist-Soll-Vergleich sinnvoll und notwendig ist, um das kommunale Handeln zu optimieren und präventiv zu wirken, können und wollen wir ihn vornehmen. Unser erweiterter Fokus liegt beispielsweise auf Reformprojekten wie etwa dem Kita-Baumanagement, der Zusammenlegung von Hochbau- und Liegenschaftsverwaltung und innovativen Projekten im IT-Bereich, also der Neustrukturierung der Arbeitsprozesse in den Ämtern oder den Aktivitäten in Richtung E-Government, die direkt den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt zugutekommen und ihnen das Leben und den Kontakt zu den städtischen Behörden einfacher machen. Viele Reformansätze in der Stadt sind durch unsere Prüfberichte angestoßen worden. Wir erweitern also den Umfang unserer Aktivitäten, und wir legen verstärkt Wert auf die Begleitung laufender Prozesse und versuchen, unsere Kolleginnen und Kollegen in den anderen Ämtern und Einrichtungen der Stadt effektiv und partnerschaftlich zu beraten. Wichtig ist bei alldem, dass wir unsere grundsätzliche Unabhängigkeit behalten und selbst entscheiden können, wo und wie wir uns am besten einbringen können.“